„Meine aktuellen plastischen Arbeiten bestehen aus Kunststoff und Gaze, fast ausschließlich aus standardisierten Industrieerzeugnissen, häufig Resten aus der automatischen Fertigung.
Mich interessieren Fundstücke, die bereits eine eigene Handschrift haben, die mich ansprechen und in mir etwas anstoßen, mich zum Finden einer Form anregen. Da das Ausgangsmaterial sehr unterschiedlich und vielfältig ist, habe ich eine große Spielfläche. Dabei ist es wichtig, dem Material und dem Prozess Platz zu lassen.
Meine Skulpturen sind eine Auseinandersetzung mit Raum, Bewegung, Körper, Oberfläche, Farbe, Textur und ihre Beziehungen zueinander.
Um dem Kunststoff seine Trivialität zu nehmen gebe ich ihm eine Oberfläche aus Gaze. So entsteht eine Stofflichkeit, die der Betrachter nicht sofort einordnen kann und die ihn irritiert. Der Betrachter soll die Form wahrnehmen und sich nicht durch die vordergründige oder hintergründige Materialität ablenken lassen. Ich bin immer auf der Suche nach der Form. Dabei geht es mir nicht um laute Aussagen, sondern um eine klare, ruhige und sinnliche Formsprache. Mein Arbeitsprozess, der wie ein experimenteller, seismographischer Suchlauf funktioniert, gibt mir den Spielraum zu neuen Formen.
Während der Arbeit an einem Objekt – einem Prozess, der mehrere Wochen andauern kann, da jede der mindestens 15 – 20 Gazeschichten erst trocknen muss, bevor die nächste Lage aufgelegt werden kann – habe ich viel Zeit über den Titel nachzudenken. Oft ist es die Gestik eines Objektes, die eine gewisse Assoziation in mir weckt. So bediene ich mich oft der griechischen Götter, da man sie mit bestimmten Stärken und Schwächen verbindet. Andererseits gibt es auch Titel mit einem gewissen Witz, bzw. einer sinnlichen Verknüpfung, die dem Betrachter eine Hilfestellung gibt, meinen Assoziationen zu folgen.
In meinen Installationen verwende ich Objekte, die ich unter Umständen in anderem Zusammenhang, beispielsweise als Einzelplastik oder in einer anderen Installation, bereits gezeigt habe. Ich setze die Objekte wie Schauspieler ein, gebe ihnen verschiedene Rollen und Charaktere.
So erhalten die Installationen erzählenden Charakter. Sie nehmen Bezug aufeinander und lassen den Betrachter Teil werden. Diese Variabilität gibt mir die Möglichkeit auf den Ausstellungsraum zu reagieren und ihn optimal in meine Arbeit einzubeziehen.
Das übergeordnete Thema meiner Installationen ist die Zeit, die Vergänglichkeit, das Vergessen und das Erinnern.
Während meiner gesamten künstlerischen Arbeit war das Material ein wesentlicher Aspekt der Inspiration. Angefangen habe ich mit Papierkaschierungen, es folgten Arbeiten aus Papier und Gaze. Nachdem ich die Gaze vielschichtig und durch Auflegen auf Eisenplatten rostend in Form bekam, folgte eine lange Zeit der federleichten Objekte mit eisenschwerem Aussehen. Daran schloss sich eine Phase mit farbigen, netzartigen Gebilden an, dann wieder kompakte freie Formen. Schließlich fand ich durch Zufall Kunststoff-Stanzreste, die wieder zu einer ganz neuen Formsprache führten. Nachdem ich den Kunststoff thermisch umformen konnte, eröffnete sich mir wieder eine neue Möglichkeit der Formgebung. Es folgten nun Arbeiten aus gitterartigen Elementen, feingliedrige und geschlossene Formen, freischwebende Objekte, und Installationen. Als letztes kam zur Materialgruppe aus Kunststoff und Gaze, noch Wachs und Paraffin hinzu.
Immer, wenn ich einen Materialmix für mich entdeckt habe, arbeite ich mich daran ab, versuche alle Möglichkeiten auszuschöpfen, immer tiefer in das Material einzudringen, andere Herangehensweisen zu finden. Das ist spannend, es gibt keinen Stillstand.
Mein größter Wunsch wäre es, einige meiner Arbeiten ins Große zu transponieren. Dies wäre noch einmal eine ganz andere Herausforderung.”
Elke Lennartz
»Installationen«
Eröffnung am Samstag, den 19. März 2022 um 18:00 Uhr